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Alles andere als gespalten: Die Lutherische Kirche von Australien und Neuseeland 

Viele Kirchglieder der SELK haben in den letzten Monaten und Jahren mit großem Interesse die Entwicklung der Lutherischen Kirche von Australien und Neuseeland (LCANZ) verfolgt. Nach dem groß angelegten „Way Forward Project“, bei dem viele Kirchglieder in die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie der Kirche für den Umgang mit der Frage der Frauenordination eingebunden waren, fasste die Kirchensynode der LCANZ im Oktober 2024 den Beschluss, die Frauenordination in denjenigen Gemeinden der Kirche zu ermöglichen, die dem Dienst von Frauen ausdrücklich zugestimmt haben. Auch weiterhin können Gemeinden dies ablehnen und überdies die Kirche in einem geregelten Prozess verlassen, wenn dies ihr Wunsch ist. Noch bevor diese Entscheidung auf der LCANZ-Kirchensynode gefallen war, gründete sich mit Unterstützung einzelner Mitgliedskirchen des Internationalen Lutherischen Rats (ILC) eine neue lutherische Kirche in Australien, die „Lutheran Mission Australia“ (LM-A), die die Frauenordination grundsätzlich ausschließt.

Seit der Entscheidung der Kirchensynode der Lutherischen Kirche von Australien und Neuseeland ist über ein halbes Jahr vergangen, im April wurden die ersten Pfarrerinnen ordiniert, die ihre Arbeit aufgenommen haben. Auch die „Lutheran Mission Australia“ war nicht untätig und missioniert – insbesondere bei Gemeinden und Kirchgliedern der Lutherischen Kirche von Australien und Neuseeland. Wie ist nun der Stand der Dinge? Droht eine Spaltung der Lutheraner inAustralien? Bricht die Kirche auseinander? Wir haben bei der LCANZ angefragt und die folgenden Informationen von einem leitenden Mitglied der Kirche erhalten.

Wie viele Gemeinden sind von der LCANZ zur LM-A übergegangen?

Um die LCANZ zu verlassen, muss eine Gemeinde zwei Abstimmungen durchführen. Bei der ersten Abstimmung muss eine Mehrheit von 66% erreicht werden, bei der zweiten Abstimmung eine Mehrheit von 75%. Nur eine LCANZ-Gemeinde hat bisher beide Abstimmungen durchgeführt und wird die Kirche verlassen. Drei weitere Gemeinden haben die erste Abstimmung durchgeführt. Es ist momentan noch unklar, ob sie planen, sich der LM-A anzuschließen oder künftig als freie Gemeinden unabhängig zu bleiben. Die LCANZ hat über 600 Gemeinden, der Anteil von Gemeinden, die sich auf Grund der Einführung der Frauenordination von der Kirche gelöst haben oder lösen wollen, liegt bisher also bei unter einem Prozent.

Wie viele Kirchglieder haben die LCANZ verlassen?

Der LCANZ liegt noch keine Statistik zu der Frage vor, wie viele ihrer Glieder die Kirche verlassen haben. Es wird berichtet, dass einige Menschen die LCANZ verlassen haben und Gottesdienste der LM-A besuchen, ohne aus der LCANZ auszutreten. Dieser Vorgang wird von der LCANZ geprüft.

Wie viele Gemeinden hat die neue „Lutheran Mission Australia“?

Zusätzlich zu den Gemeinden, die für das Ausscheiden aus der LCANZ gestimmt haben (1+3), gibt es 11 neue LM-A-Gemeinden. Sie nennen sich nach dem Ortsnamen und dem Zusatz „Lutheran Mission“ (z.B. „Melbourne Lutheran Mission“). Es scheinen also eher einzelne Kirchglieder zu sein, die Gemeinden verlassen und sich einer LM-A-Gemeinde in ihrer Gegend anschließen, als dass ganze Gemeinden ausscheiden. Dies war von LCANZ so erwartet worden, da bekannt war, dass die meisten Laienkirchglieder und Gemeinden die Ordination von Männern und Frauen unterstützen.

Wie viele Pfarrer aus der LCANZ haben die Kirche verlassen?

Die LCANZ führt eine so genannte „Roll of Pastors“, das offizielle Verzeichnis ihrer Pfarrpersonen im aktiven Dienst, im Wartestand und im Ruhestand. Zehn pensionierte Pfarrer, sechs aktive Pfarrer und vier Pfarrer ohne Berufung sind von der Pastorenliste zurückgetreten. Zwei weitere aktive Pfarrer haben ihre Absicht hierzu erklärt. Insgesamt befinden sich über 500 Personen auf der „Roll of Pastors“, es handelt sich also um 4% der Pfarrer, die die Kirche verlassen oder ihre Absicht hierzu erklärt haben. Zwölf dieser zwanzig Pastoren sind dem „LM-A College of Pastors“ (also der „Lutheran Mission Australia“) beigetreten, zwei sind zur Lutheran Church – Missouri Synod gewechselt und einer zur Lutherischen Kirche von Kanada. Der erste Pfarrkonvent der „Lutheran Mission Australia“ findet im August dieses Jahres statt.

Fazit

Die Lutherische Kirche von Australien und Neuseeland hat sich in den letzten Monaten verändert und ist sich doch treugeblieben. Der Kern ihrer lutherischen Lehre sowie ihre Verpflichtung auf Schrift und Bekenntnis sind unverändert. Zahlenmäßig hat sie sich nur wenig verändert, denn auch wenn jeder Austritt eine Kirche schmerzt, so sind es doch nur einige wenige Menschen und Gemeinden, die die Kompromisslösung zur Frauenordination nicht mittragen können. In der Art des Umgangs miteinander jedoch hat sich viel verändert, denn dadurch, dass der lähmende Konflikt um die Frauenordination als Chance für die gemeinsame Arbeit an der Zukunft der Kirche begriffen wurde, haben sich neue Perspektiven für die Kirche eröffnet. Ja, die LCANZ ist nicht mehr wie bisher „assoziiertes Mitglied“ des ILC, aber sie hat andere internationale Netzwerke gefunden, in denen die Mitgliedschaft an das Evangelium von Jesus Christus und nicht an die vorrangige Bedingung geknüpft ist, Frauen vom Amt der Kirche auszuschließen. Mit dem „Way Forward Project“ hat die LCANZ sich von der Furcht befreit – der Furcht vor Spaltung und dem Auseinanderbrechen der Kirche. Die ersten Worte des Engels der Verkündigung sind: „Fürchtet euch nicht!“ Die LCANZ hat auf diesen Ruf gehört und sich der befreienden Botschaft Jesu Christi anvertraut. Tun wir es unseren Geschwistern gleich.

(ms)

10.06.2025

 

1 Gedanke zu „Alles andere als gespalten: Die Lutherische Kirche von Australien und Neuseeland “

  1. Eigentlich ist das der Weg, den auch unsere kleine SELK gehen könnte. Voraussetzung ist die Akzeptanz und Annahme, dass auch der andere recht haben könnte. So kann beides nebeneinander existieren. Verbunden bleiben wir durch unseren Herrn Jesus Christus.
    Hermann Borchers

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