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inFOyer 18 – Gespräch mit Elisabeth Schwarz-Gangel, Kirchenmusikerin

Frau Schwarz-Gangel unterrichtet seit vielen Jahren Stimmbildung und Liturgischen Gesang an der Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel und arbeitet als Kirchenmusikerin in SELK- und landeskirchlichen Gemeinden. Sie ist Gemeindeglied in der Frankfurter Trinitatis-Gemeinde, in der sie sich aktiv einbringt.

Ihre Kindheit und Jugendzeit war von einer engen kirchlichen Bindung in ihrer hessischen Heimatgemeinde geprägt. Dort erhielt sie eine wertvolle musikalische Ausbildung und beteiligte sich mit Freude und großem Engagement an der Gestaltung von Gottesdiensten.

Es gibt vieles, was Frau Schwarz-Gangel an der SELK schätzt. Dazu gehört die Art, wie Gottesdienste gefeiert werden, der ernsthafte Umgang mit biblischen Texten, tiefgehende Predigten. Besonders hebt sie hervor, dass die SELK ihre Heimat ist, ein Ort, zu dem sie dazugehört.

Die Kirchenmusikerin beschreibt und erklärt ihren beruflichen Alltag mit seinen unterschiedlichen Aufgabenfeldern. Dazu gehört es, immer wieder auf Menschen zuzugehen, sie einzuladen und zu ermutigen, sich musikalisch in Chören einzubringen. Sie betont, dass die nötige Verbindlichkeit unter den Coronabedingungen sehr gelitten hat.

Das Amt der Kirchenmusikerin versteht Frau Schwarz-Gangel als ein eigenständiges Amt neben dem Pfarrer. Sie begründet diese Position biblisch und bezieht sich auf Martin Luther. In den Psalmen werden die Beter aufgerufen, Gott zu danken und ihn mit Liedern zu loben. Martin Luther unterstreicht diese Aufforderung in seinen Schriften: „Singet dem Herrn ein neues Lied.“ Die Musik erreicht die Herzen der Menschen in besonderer Weise und stärkt sie im Glauben. Mehr als das gesprochene Wort trägt und tröstet die Musik in persönlichen Krisen. Wort und Musik „beflügeln“ sich gegenseitig.

Ihre Arbeit an der Lutherischen Theologischen Hochschule versteht sie als Coaching der Stimme, die ein unverzichtbares Werkzeug im Pfarrerberuf darstellt. Über die Atmung und die Körperwahrnehmung erhalten die Studierenden einen besseren Zugang zu ihrer Stimme. Geübt werden besonders auch Liturgische Gesänge. Dies gehört zur theologischen Ausbildung dazu.

Es war nie ein Thema, dass eine Kirchenmusikerin diese lehrende Funktion ausübt. Frau Schwarz-Gangel hat als junge Frau in ihrer Gemeinde Lesungen gehalten und wuchs in dem Bewusstsein heran, dass alle Aufgaben in der Gemeinde und Kirche gleichermaßen von Männern und Frauen ausgeübt werden können. Ihr war klar, dass die SELK keine Frauen ordiniert, war jedoch der Ansicht, dass die Frauenordination in einiger Zeit ganz selbstverständlich eingeführt werden würde.

Frau Schwarz-Gangel hat als Kirchenmusikerin durchgängig positive Erfahrungen gemacht. Es wurde nie infrage gestellt, dass sie als Frau ein solches Fach mit Verkündigungscharakter unterrichtet. In jüngster Zeit erlebt sie jedoch, dass es bei einigen Studenten eine Abwehr gibt bei der Textarbeit. Einer ihrer Studenten sollte in der Frankfurter Gemeinde Teile der Liturgie singen. Er erkundigte sich, ob ein Mann oder eine Frau das Epistel  liest, auf das er mit dem Halleluja-Vers antworten sollte. Dieser Student brachte zum Ausdruck, dass er im Selbststudium zu der Auffassung gekommen sei, die Lesung sei ungültig, wenn sie von einer Frau vorgetragen wird.

Dieser Haltung widerspricht Frau Schwarz-Gangel vehement. „Es sind viele Gaben, aber es ist nur ein Geist,“ zitiert sie ein Bibelwort und führt weiter aus: „Hätte ich diese Gaben verliehen bekommen, wenn ich sie nicht auch ausüben darf?“

In ihrer Arbeit in der Landeskirche Hessen-Nassau erlebt sie keinen Unterschied, ob sie mit Pfarrern oder Pfarrerinnen zusammenarbeitet.

Sie wünscht sich mehr ökumenische Projekte, weil die Landeskirche und die SELK ähnliche Formate anbieten, etwa Taize-Andachten, die auch gemeinsam vorbereitet und durchgeführt werden könnten. Gerade auf dem Hintergrund schrumpfender Gemeinden liegt hier eine Chance für die Zusammenarbeit.

Frau Schwarz-Gangel sieht ein reiches Potential und Stärken in den Reihen der SELK. Sie nennt die feierlich gestalteten Gottesdienste, die Abendsmahlfeier, lebendige Chorarbeit, eine eindeutige Botschaft in der Predigt. Sie erlebt immer wieder ein gutes Miteinander in den Gemeinden, das von gegenseitigem Wahrnehmen und Tragen geprägt ist.

Sie erwartet von ihrer Kirche, dass die Lebenswirklichkeit der Menschen mehr gesehen wird. Dazu gehört auch, dass die Kirche sich mit den Fragen der Zeit auseinandersetzt. Sie plädiert dafür, anderen Meinungen offen zu begegnen und sich gegenseitig auszuhalten, denn der Kern der christlichen Botschaft ist die Liebe Gottes und seine Vergebung.

Michael Sommer ergänzt, dass Kontakt und Austausch innerhalb der SELK wertvoll sind, um Spaltungstendenzen vorzubeugen und entgegenzuwirken.

Am Ende weist die Kirchenmusikerin darauf hin, dass das evangelische Gesangbuch in diesem Jahr seinen 500. Geburtstag feiert. Aus diesem Anlass lädt ihre Frankfurter Gemeinde am 1. Advent zu einem Festgottesdienst ein, ein Mitsing-Projekt unter dem Motto „Da kann ich ein Lied von singen“.   (MR)

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