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Kirche und Politik

Antrag an die Kirchensynode für eine Stellungnahme zu Menschenrechten und Radikalismus
Oder: Wie politisch darf eine Kirche sein?

Am 15.04.2024 hat eine Gruppe von 265 Mitgliedern der SELK einen Antrag an die 15. Kirchensynode gestellt, der den dringenden Wunsch nach einer Stellungnahme der Kirchensynode zu Menschenrechten und Radikalismus formuliert. Der Antrag wurde fristgerecht zur 2. Tagung der 15. Kirchensynode am 21./22.06.24 zusammen mit den 265 beglaubigten Unterschriften eingereicht.

Viele Unterzeichner fragen sich inzwischen, was eigentlich aus diesem Antrag geworden ist. Daher an dieser Stelle nun ein (nicht ganz) kurzer Abriss über den weiteren Weg des Antrags und den Umgang der kirchlichen Gremien mit diesem Anliegen. Im zweiten Teil folgt eine persönliche Einschätzung der Vorgänge durch den Ansprechpartner für den Antrag (Link zum zweiten Teil).

Teil 1: Chronologie der Einreichung des Antrags

Anliegen des Synodalantrags – Menschenwürde und Menschenrechte in Kirche und Gesellschaft

Das Anliegen der Antragsteller entspringt der Sorge um die zunehmende Radikalisierung in Teilen der Gesellschaft und zielt auf den Umgang der Kirche mit diesen Entwicklungen. Hass und Hetze stehen im krassen Widerspruch zum christlichen Liebesgebot und zu den universalen Menschenrechten. Die Unterzeichner bitten die Synode

(1) festzustellen, dass die universalen Menschenrechte und die unantastbare Menschenwürde in der Heiligen Schrift und im christlichen Glauben fest verankert sind.

Darüber hinaus wird die Synode aufgefordert,

(2) eine öffentliche Stellungnahme der Kirche zum Umgang mit Rassismus, Populismus und Rechtsradikalismus in kirchlichen Ämtern und in der gemeindlichen Praxis abzugeben.

Der vollständige Antragstext und die Begründung für diesen Antrag können unter dem folgenden Link eingesehen werden: (Link zu Antragstext 440).

Der lange Weg des Antrags durch die Gremien der Kirche

Mit Schreiben vom 21.05.24 teilt das Präsidium der Kirchensynode dem Ansprechpartner mit, dass der Antrag unter der Ordnungsnummer 440 zu den Synodalunterlagen hinzugefügt und der Synode bekannt gemacht wurde. Das Präsidium weist aber darauf hin, dass dieser Antrag nicht auf die Tagesordnung der 2. Tagung im Juni 2024 kommt, weil er zwar wichtig, aber nicht dringend sei, und die Synode sich für die bevorstehende Tagung gemäß eigenem Beschluss (Leitantrag 505.09 der konstituierenden Sitzung) nur mit den vorher festgelegten Schwerpunktthemen beschäftigen sollte. Den Antragstellern war das bewusst (s. Vorbemerkung) aber sie hatten gehofft, dass die Synode dennoch ein erstes Zeichen setzen wird.

In demselben Schreiben teilte das Präsidium mit, dass der Antrag an die Synodalkommission für Rechts- und Verfassungsfragen (SynKoReVe) weitergeleitet wurde, da nicht sicher sei, ob nicht zuerst der Allgemeine Pfarrkonvent (APK) votieren müsste, da es um grundlegende politische und theologische Aussagen gehe, über die die Synode nur beraten, aber nicht beschließen dürfe.

In einem Antwortschreiben vom 01.06.2024 an das Präsidium (Link zu diesem Schreiben) hat der Ansprechpartner für den Antrag noch einmal die Dringlichkeit des Anliegens deutlich gemacht und um ein erstes Signal der Synode zur Behandlung dieser Frage gebeten, z.B. durch den Anschub notwendiger Vorarbeiten oder die Aufforderung zu einem Hirtenwort des Bischofs.

Der Antrag wurde auf der Tagung der Synode im Juni 2024 aber, wie vom Präsidium angekündigt, nicht behandelt. Stattdessen teilte das Präsidium mit Schreiben vom 28.11.25 mit, dass die Prüfung der Synodalkommission für Rechts- und Verfassungsfragen (nicht einstimmig, aber mehrheitlich) ergeben habe, dass der Antrag in dieser Form als Äußerung der Synode zu politischen und theologischen Themen nicht zulässig sei und an den APK zur dortigen Befassung verwiesen werden müsse. Ein weiteres Antwortschreiben des Ansprechpartners der Antragsteller vom 06.12.24 (Link zu diesem Schreiben) mit der dringenden Bitte und einer ausführlichen Begründung dafür, den Antrag dennoch zur Behandlung der Synode zuzulassen, konnte das Präsidium nicht umstimmen. Das Präsidium der Synode ist dem Votum der SynKoReVe gefolgt, hat den Antrag nicht zur Beratung auf der Synode zugelassen und an den APK zur Behandlung auf dessen nächster Tagung am 23.-27.06.25 übergeben.

Eine Gruppe von Befürwortern des Antrags 440 aus dem Kirchenbezirk Rheinland/Westfalen hat zwischenzeitlich einen Zusatzantrag für die Synode formuliert, der einen Textvorschlag für eine Resolution als Vorlage zum Ursprungsantrag einbringt. Der Antrag mit Textvorschlag ist unter diesem Link (Link zu Antrag 440.01) abrufbar. Die Bezirkssynode Rheinland/Westfalen hat den Zusatzantrag am 05.04.2025 einstimmig beschlossen und beim Präsidium der Kirchensynode eingereicht. Er wird unter der Ordnungsnummer 440.01 in den Synodalunterlagen geführt. Der Textvorschlag wurde in Anlehnung an eine Erklärung der ACK Baden-Württemberg zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes am 23.05.2024 formuliert und sollte die Behandlung des Antrags auf der Synode durch eine konkrete Beschlussvorlage vereinfachen.

In der Zwischenzeit wurde auch ein Gegenantrag zum Ursprungsantrag von einer Gruppe um Pfarrdiakon Detlef Löhde eingereicht, der unter der Ordnungsnummer 440.02 geführt wird (Link zu Antrag 440.02). Der Antrag will eine „Politisierung der SELK“ abwehren und Stellungnahmen zu kontroversen Themen verhindern, die von „Kirchgliedern auf dem Hintergrund der Heiligen Schrift und der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre unterschiedlich bewertet werden können.“ Eine politische Positionierung der Kirche missachte die christliche Freiheit des Einzelnen.

Der APK hat sich dann auf seiner Tagung am 23.-27.06.25 wie vom Präsidium der Synode gebeten mit dem Antrag 440 befasst, aber nicht wie gewünscht eine theologische Bewertung abgegeben. Stattdessen wurde der Bischof beauftragt, eine Stellungnahme abzugeben. Dabei ist derzeit unklar, ob der Bischof eine Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung auf der Synode oder eine Stellungnahme zu Menschenrechten und Radikalismus im Sinne des Antrags abgeben soll.

Mit Schreiben vom 12.08.25 (Link zu diesem Schreiben) informierte nun das Präsidium den Ansprechpartner der Antragsteller von Antrag 440 darüber, wie mit dem Antrag seit dem ersten Votum der SynKoReVe verfahren wurde. Darin wurde mitgeteilt, dass die SynKoReVe den Antrag weiterhin für unzulässig halte, weil der APK keine Stellungnahme abgegeben habe und stattdessen den Bischof mit einer Stellungnahme beauftrag habe. Daher könne der Antrag nicht verhandelt werden, es sei denn, die Synode entscheide zu Beginn selbst, dass sie darüber abstimmen möchte und ihn abweichend vom Votum der SynKoReVe und ohne Stellungnahme des APK und des Bischofs auf die Tagesordnung setzt.

Fazit: Nach dem langen 1,5-jährigen Weg durch die Gremien der Kirche existiert immer noch keine Stellungnahme der Kirche oder ihrer Organe zu dem Anliegen der Antragsteller und es bleibt weiterhin unwahrscheinlich, dass der Antrag zu Menschenrechten und Radikalismus auf der bevorstehenden Tagung der Synode in Fulda im September überhaupt behandelt wird und ob es jemals eine öffentliche Verlautbarung unserer Kirche zum Umgang mit radikalen Strömungen in Gesellschaft und Kirche geben wird.

Da dieser Antrag also nun bisher weiterhin nicht zur Beschlussfassung auf der Synode zugelassen ist, bleibt uns allen gemeinsam nur die Möglichkeit alle unsere Synodalen zu sensibilisieren, diesen Antrag entgegen allen Widerständen selbst durch mehrheitliche Entscheidung auf die Tagesordnung zu setzen. Geht auf eure Synodalen zu, sprecht sie auf diesen Antrag an und bittet sie im Sinne dieses Antrags zu votieren. Es geht nicht um Politik, sondern um unsere christlichen Grundwerte in Kirche und Gesellschaft!

Teil 2: Einschätzung der Vorgänge durch den Ansprechpartner für den Antrag

Ratlosigkeit und Unverständnis über die mangelnde Sprachfähigkeit der Kirche zu drängenden Fragen unserer Zeit

Mit Blick auf den bisherigen Umgang der Kirche mit dem Anliegen des Antrags 440 bleiben die Gemeindeglieder, die sich in diesen herausfordernden Zeiten eine klare Wegweisung der Kirche dringend wünschen, ratlos und enttäuscht zurück. In den drängenden Fragen unserer Zeit findet unsere Kirche keine Antworten, verliert sich in Fragen der Zuständigkeit und versteckt sich hinter missverstandenen theologischen Konzepten wie der Trennung von Staat und Kirche (mehr dazu weiter unten). Wenn man bedenkt, dass gleichzeitig sehr kontrovers über die Gültigkeit von Rollenbildern der Antike für das Zusammenleben von Mann und Frau in der heutigen Zeit gestritten wird, muss man sich wirklich fragen lassen, in welchem Zeitalter diese Kirche eigentlich lebt und was sie in der heutigen Zeit überhaupt zu sagen hat.

Ja, wir haben etwas zu sagen: Wir verkündigen als Kirche Jesu Christi zu allen Zeiten den auferstandenen Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Wir glauben an unsere Versöhnung mit Gott durch Jesus Christus allein aus Gnaden und folgen unserm Herrn Jesus Christus nach in tätiger Liebe.

Aber wir sind als Kirche mit dieser Botschaft offenbar nicht fähig oder willens, klar und deutlich zu widersprechen, wenn in Teilen der Gesellschaft oder in politischen Bewegungen völkische Ideologien vertreten werden, die Hass und Hetze verbreiten, die Menschen anderer Herkunft ausgrenzen und verfolgen? Gilt nun die gleiche Würde aller Menschen vor Gott oder gilt sie nicht? Gilt nun das Gebot der Nächstenliebe oder gilt es nicht? Sollen wir nun Flüchtlingen helfen oder sollen wir es nicht? Sind es nicht sogar genau diese Taten helfender Liebe, an denen unser Glaube beim Weltgericht erkannt wird (Mt. 25,31-46)? Eine Kirche kann zu solchen Verstößen gegen die Gebote Gottes nicht schweigen!

Dies ist keinesfalls eine politische Positionierung in Sachverhalten, „die von Kirchgliedern auf dem Hintergrund der Heiligen Schrift und der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre unterschiedlich bewertet werden können“! Dies als Gegenstand der christlichen Freiheit zu behandeln, wie es der Gegenantrag nahelegt, widerspricht klar den Weisungen Jesu und den Geboten Gottes und stellt gleichzeitig die Wahrhaftigkeit unserer christlichen Botschaft in Frage. Die Frage ist doch vielmehr, ob wir noch Salz der Erde und Licht der Welt sein wollen und können.

Verbieten die Trennung von Kirche und Staat und die lutherische Zwei-Reiche-Lehre politische Stellungnahmen der Kirche?

Häufig, wie auch im Falle dieses Antrages wird dieses grundlegende lutherische Konzept für ein solches Verbot herangezogen und jegliche politische Stellungnahme der Kirche abgelehnt. Dabei wird die Trennung von Staat und Kirche als Trennung von Kirche und Politik missverstanden. So auch im Gegenantrag zu Antrag 440 und im Votum der SynKoReVe. Keinesfalls ist es der Kirche verboten, politisch Stellung zu beziehen, wenn es um Verstöße gegen Gottes Gebot und um gesellschaftliche oder politische Fehlentwicklungen geht. Ganz im Gegenteil: Die Bibel ist voll von eindrücklichen Beispielen, in denen Gottes Boten sich im Namen Gottes gegen die politischen Verhältnisse positionieren, angefangen bei den Propheten bis hin zu Jesus und den Aposteln. Und genau darum geht es auch den Antragstellern bei ihrem Antrag.

Wenn man auf den Umgang der Gremien der Kirche mit dem Antrag schaut, entsteht mehr und mehr der Eindruck, dass die Trennung von Staat und Kirche immer dann bemüht wird, wenn ein Anliegen im Verdacht steht, eine eher progressive Richtung zu vertreten. Oder ist es etwa unpolitisch, wenn ein Pastor der SELK in einem Beitrag auf Facebook Friedrich Merz zum Rücktritt auffordert, weil er gegen das 5. Gebot verstößt, wenn er die Wahl einer progressiven Bundesverfassungsrichterin unterstützt? Oder ist es unpolitisch, wenn Kirchglieder der SELK als Protest gegen die Abschaffung von §218 beim „Marsch für das Leben“ neben AfD-Funktionären marschieren? Und eine Stellungnahme zu Menschenwürde und Radikalismus wird als Politisierung gebrandmarkt?

Dabei geht es bei der Trennung von Staat und Kirche ja gar nicht um politische Sprachlosigkeit, sondern vielmehr um die verschiedenen „Herrschaftsbereiche“ von Staat und Kirche. Im Staat regiert die Obrigkeit und in der Kirche regiert Jesus Christus. Unter Obrigkeit sind dabei durchaus verschiedene Gesellschaftssysteme zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Regionen zu verstehen. Zu Jesu Zeiten war es der römische Kaiser, zu Luthers Zeiten war es die Ständegesellschaft mit dem Adel als herrschende Klasse, zu Zeiten des Neuluthertums waren es die verschiedenen Fürstentümer mit ihren Regionalherren und heute ist es eben die freiheitliche Demokratie auf der Grundlage des Grundgesetzes. Es gibt also kein bestimmtes politisches Herrschafts- und Gesellschaftssystem, das die Kirche anerkennen soll oder ablehnen muss, sondern es geht im Kern bei der Trennung von Staat und Kirche immer darum, dass der Staat nicht in die kirchlichen Angelegenheiten hineinregiert und andersherum insbesondere auch darum, dass die Kirche keine weltliche Macht anstrebt und ausübt. Wo immer dieses Prinzip durchbrochen wurde, ist in Geschichte und Gegenwart großes Leid durch Verfolgung und Unterdrückung entstanden (eine eindrückliche Einordnung solcher Bestrebungen in unserer Zeit unternimmt Michael Sommer in folgendem Video: https://youtube.com/shorts/1I0Ko9CDESI). Die notwendige Trennung der beiden Herrschaftsbereiche schlägt sich bezogen auf unsere Zeit darin nieder, dass der Staat in Deutschland gemäß Grundgesetz, Artikel 3, Religions- und Glaubensfreiheit gewährt. Es erfordert auf der anderen Seite in der konsequenten Anwendung von Rö. 13 und CA 16 aber auch, dass die Kirche die heutige staatliche Ordnung mit dem Grundgesetz anerkennt.

Nach Überzeugung der Antragsteller spiegelt unser Grundgesetz darüber hinaus mit den darin formulierten Grund- und Menschenrechten und dem Rückbezug auf die Autorität Gottes eine angemessene und sehr weitgehende Anerkennung der christlichen Grundwerte für die Gesellschaftsordnung unseres Gemeinwesens. Diese staatliche Ordnung bildet eine im christlichen Sinne gute Grundlage für die Autorität unserer „Obrigkeit“ aber auch für das Handeln der Menschen in unserem Gemeinwesen. Diese gute staatliche Ordnung zu bewahren und schützen, wäre durchaus im Sinne der Kirche.

Thomas Krüger, Münster
31.08.2025

Beitragsbild gestaltet von der Redaktion.

6 Gedanken zu „Kirche und Politik“

  1. Ich muss gestehen, dass ich meine Schwierigkeiten mit diesem Antrag habe.
    Was genau ist denn unter Begriffen wie „Rassismus und Populismus“ zu verstehen? Diese Begriffe können äußerst weit ausgelegt werden, schlimmstenfalls sogar zu Ungunsten von Christen, die sich in ihrer Lebensführung eng an das Wort Gottes halten.
    Und zum Thema „Rechtsradikalismus und kirchliche Ämter“: Streng genommen könnten damit AFD-Mitglieder oder auch bloße Sympathisanten aus Kirchenvorständen etc. ausgeschlossen oder gar nicht erst aufgenommen werden, ungeachtet ihrer Haltung zu einzelnen Themen ihrer Partei. Das widerspricht aber doch dem Grundsatz der christlichen Gemeinde, die Ausschlüsse im NT nur wegen gefährlicher Irrlehre oder unbußfertigem Wesen bei grober Verfehlung kennt.
    In dem Antrag wurde – wenn ich nicht irre – auch die Sorge bezüglich zunehmender biblizistisch-fundamentalistischer Tendenzen in unserer Kirche ausgedrückt. Auch diese Begriffe sind äußerst schwammig und können sich schlimmstenfalls gegen bibeltreue Christen richten.
    Schon die Sache mit den Menschenrechten ist schwierig, z.B. zum Thema Abtreibung: Sollte es ein Menschenrecht sein, dass nur die werdende Mutter über ihren Körper bestimmt? Oder sollte es nicht vielmehr Menschenrecht sein, das ungeborene Leben auch entgegen dem Willen der Eltern zu schützen (Ausnahmen in wirklichen Härtefällen wie Vergewaltigung, Lebensgefahr der Mutter o.ä. müssten erlaubt sein)?
    Ich erkenne den guten Willen und die Sorge der Antragsteller und den Wunsch, als Kirchensynode hier ein Statement abzugeben. Aber solange ich nicht genau weiß, was dieses Statement für Folgen haben könnte, würde ich nicht dafür plädieren.

  2. Welch ein Armutszeugnis, wenn man als Kirche nicht in der Lage ist, sich zu allgemeinen Menschenrechten und gegen Radikalisierung auszusprechen. Das hat auch nichts mit „Politisierung“ zu tun, und ist in meinen Augen ein ähnlich feiges und falsches Argument, wie beispielsweise unsere Weinkönigin in der Rolle als Bundestagspräsidentin vorbringt, wenn sie von vermeintlicher „Neutralität“ spricht. Wenn man die Wahl zwischen Hass und Menschenrechten hat, kann man nicht neutral sein, gerade nicht, wenn man die Geschichte unseres Landes kennt.
    Und ist ein Bekenntnis zu den allgemeinen Menschenrechten, ein Bekenntnis gegen Hass, Hetzte und Rassismus jeglicher Art nicht ein Bekenntnis zum Wort Christi und zum Gebot der Nächstenliebe? Von daher: Kirchen, die sich öffentlich zu den Menschenrechten und dem Grundgesetz bekennen sind nicht politisch, sondern unterstreichen eher, wie nah die Menschenrechte und auch das Grundgesetz an Jesu Wort sind.

  3. Herzlichen Dank für den ursprünglichen Antrag „Die Kirchensynode stellt fest, dass die universalen Menschenrechte und die unantastbare Menschenwürde
    in der Heiligen Schrift und im christlichen Glauben verankert sind….“ und die gründliche Aufbereitung von dessen Behandlung durch unsere Kirchenleitenden.
    Ein Antrag mit christlichen Werten wurde zu einem Politikum in unserer SELK. Ich schäme mich dafür.
    Lieber Herr Jesus Christus gib unseren Kirchenleitenden den Mut nach Deinem Vorbild zu Handeln.

  4. An Frau Krieser gerichtet: Sie schreiben von „ Und zum Thema „Rechtsradikalismus und kirchliche Ämter“: Streng genommen könnten damit AFD-Mitglieder oder auch bloße Sympathisanten aus Kirchenvorständen etc. ausgeschlossen oder gar nicht erst aufgenommen werden, ungeachtet ihrer Haltung zu einzelnen Themen ihrer Partei.“
    Da muss ich antworten: Ja, ein AfD Mitglied oder jemand, der das rechtsextreme Weltbild dieser Partei teilt, kann nicht glaubhaft Jesu Wort vertreten. Wie will man die Nächstenliebe leben und zeigen, wenn man das braune Gedankengut vertritt? Hätte es zu Jesu Zeiten die AfD gegeben, wäre das Neue Testament nach 3 Seiten vorbei und Jesu Leben wäre an der Grenze zu Ägypten im Schwert des Herodes geendet (und eine ägyptische v.Storch hätte am Grenzzaun schon den Bogen gespannt). Wir hätten nicht die wunderbare Botschaft des barmherzigen Samariters, und Petrus wäre im See Genezareth ersoffen wie all die Hilfesuchenden, die wir im Mittelmeer ertrinken lassen. Genau so sähe es aus, wenn die AfD das Sagen hätte. Und das passt nicht zu dem, was ich in der frohen Botschaft lese und wofür ich mich in der Gemeinde einsetze.
    Und noch eine weitere persönliche Meinung: Man kann nicht Mitglied oder Sympathisant einer rechtsextremen Vereinigung sein, und nur „einige“ Punkte gut finden, und selbst nicht das Gedankengut vertreten. Halb-Schwanger gibt es auch nicht, wer sich im Jahr 2025 noch dieser Bande anschließt, macht es aus Überzeugung, und wie man mit diesen Menschen umzugehen hat, das hat die Geschichte gezeigt, speziell jene ab dem 06.06.44, als man aufgehört hat, diese braune Bande inhaltlich stellen zu wollen.

  5. Zu Frau Kriesers Kommentar vom 2.September 2025 zu „Kirche und Politik“:

    Voranstellen möchte ich meinen Dank an alle, die sich bereits zu Frau Kriesers äußerst bedenklicher Antwort auf den Beitrag „Kirche und Politik“ geäußert haben! Mit meinem Kommentar möchte ich mich diesen drei Antworten zu Frau Kriesers Kommentar ausdrücklich anschließen. Tatsächlich haben mich Frau Kriesers Gedankengänge erstmal etwas sprachlos gemacht. Nach mehrmaligem Lesen möchte ich mich doch auch dazu äußern.

    Liebe Frau Krieser,
    Gerne möchte ich Ihnen empfehlen, dies auch zu tun, ihren Kommentar und alle drei Antworten darauf, noch einmal zu lesen. Und ganz besonders den letzten von Herrn Philipp Förster! Das könnte Ihnen eventuell bei den, von Ihnen angesprochenen, Verständnisschwierigkeiten helfen und nachvollziehbar machen, wie wichtig gerade jetzt, in dieser Zeit, solch ein Antrag ist.
    Mir ist beim wiederholten Lesens Ihres Kommentars deutlich geworden, was Herr Förster in seinem Kommentar (siehe oben) bereits klar und ausführlich dargelegt hat. -> Sie haben sich im Grunde schon selbst die Antwort auf Ihre eigenen Zeilen gegeben:
    „Streng genommen könnten damit AFD-Mitglieder oder auch bloße Sympathisanten aus Kirchenvorständen etc. ausgeschlossen oder gar nicht erst aufgenommen werden, ungeachtet ihrer Haltung zu einzelnen Themen ihrer Partei. Das widerspricht aber doch dem Grundsatz der christlichen Gemeinde, die Ausschlüsse im NT nur wegen gefährlicher Irrlehre oder unbußfertigem Wesen bei grober Verfehlung kennt.“ -> Denn JA, genau dies müsste erfolgen. Doch erst, nachdem mit Menschen dieser Gesinnung, Kontakt und Austausch in geschwisterlicher Haltung, stattgefunden haben.

    Schließen möchte ich mit den Worten und einem Text zu Martin Niemöllers Aussage: „ Was würde Jesus dazu sagen?“ Man kann diese Frage naiv finden. Als könnte man Jesus aus Galiläa über 2000 Jahre hinweg ins Heute beamen. So naiv und einfach hat Martin Niemöller die Frage nicht gemeint und auch nicht angewendet. Es war für ihn eine bohrende Frage, sein ethischer Maßstab. Sie hilft, die Antworten von gestern zu überprüfen und herauszufinden, was heute notwendig ist. Sie hat Niemöller darin gestärkt, nicht nachzuplappern und mitzumachen, was alle denken, sagen und tun. Sie war für ihn der Kompass, der ihm zeigt: Hier musst du Widerstand leisten. Weil es um den Menschen geht. (Teile zitiert aus/nach einem Text von Martin Vorländer, Pfarrer und Theologischer Redakteur im Medienhaus der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau).

    Die Frage ließe sich auch noch erweitern und wir können uns fragen: „Was würde uns das Evangelium von Jesus Christus dazu sagen? „ Dieses Evangelium von ihm, dem Jesus, als der Kompass für unser Leben. Der uns auf die Liebe verpflichtet, zu allen Menschen – das sagt Jesus in seinem Gleichnis vom barmherzigen Samariter und in dem Doppelgebot der Liebe. Und ja – es könnte sein, dass aus dem Gebot der Nächstenliebe oder einem Gleichnis ganz konkrete Folgen entstehen – in einer Gebundenheit an Jesu Worte, seinem Geist und dem Evangelium. Was würde Jesus und sein Evangelium dazu sagen? Probieren Sie die Frage aus!

  6. Es tut mir leid, dass mein anfänglicher Beitrag Missverständnisse hervorgerufen hat. Hier noch einige Gedanken zur Erläuterung:
    1. Mir ist nicht ganz klar, welchen praktischen Nutzen dieser Antrag haben soll. Ich meine, jeder Gang zur Kirche oder zur Bibelstunde, jede praktische Nächstenliebe im Alltag ist doch schon die allerbeste, weil sinn- und liebevollste Demonstration gegen Hass und Hetze? Allein schon die vielen Menschen aus Iran und Afghanistan, die in den letzten 10-15 Jahren in unsere Gemeinden gekommen sind, zeigen doch nachdrücklich, dass wir uns gar nicht offiziell von Hass, Hetze etc. distanzieren müssen, weil wir das in unserem praktischen Gemeindeleben doch schon tun!
    2. Wenn Menschen kirchliche Ämter bekleiden, so ist doch zu allererst danach zu fragen, ob sie in Glauben und Leben als Vorbild dienen können, ungeachtet dessen, an welcher Stelle sie auf dem Wahlzettel ihr Kreuz machen. Hier muss tatsächlich im Einzelfall im Gespräch entschieden werden, falls es daran Zweifel gibt, ob diese Menschen der Gemeinde/Kirche aufgrund ihrer politischen Haltung in irgendeiner Weise schaden. Jede Pauschalisierung halte ich aber für problematisch.
    3. Mit der Abgabe eines offiziellen Statements zugunsten der Menschenrechte können wir uns als Kirche auch angreifbar und verletzlich machen – z.B. dann, wenn uns Gottes Wort einen anderen Weg vorschreibt, als es die Menschenrechte verlangen. Diese werden ja immer weiter entwickelt und durchaus unterschiedlich ausgelegt – und das eben nicht nur von bewussten Christen, sondern auch von unseren Feinden. Im Zweifelsfall muss es dann für uns heißen: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Deshalb würde ich es für klüger halten, wenn wir hier darauf verzichten, uns auf dem Papier festzunageln. Als Christen bekennen wir uns ja tagtäglich zum Doppelgebot der Liebe. Und das ist doch wohl größer als alle Menschenrechte. Genügt uns dieses Bekenntnis nicht (mehr)?

    Speziell zu Herrn Försters Bemerkung: „Halb-Schwanger geht nicht“: Ich stimme dem Programm der Partei, die ich bei der letzten Bundestagswahl gewählt hatte (übrigens NICHT die AfD!), auch nicht in allen Punkten zu. Nach Herrn Försters „Ganz- oder gar nicht“-Prinzip dürfte ich dann überhaupt nicht mehr zur Wahl gehen. Ich meine aber, solange wir das Privileg haben, eine Regierung zu wählen, sollten wir diesem Recht auch nachkommen. Und ja: Ich würde jeden dazu ermutigen, der mich fragt, eine der Parteien zu wählen, die sich für den Fortbestand unserer demokratischen Staatsform einsetzt.

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