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Ungewollte Trennung

Einschätzung zu den Ergebnissen der Synodaltagung der 15. Kirchensynode der SELK in Fulda (17. – 20.09.2025) zum Thema Frauenordination

Seit der Gründung der SELK 1972 ringen wir um die Frage, ob Frauen auch in unserer Kirche Pfarrerinnen werden können. Über Jahrzehnte hatten wir die Hoffnung, dass wir durch theologische Arbeit und Gremienarbeit eine Änderung der Situation erreichen können. Diese Hoffnung hat sich nun – weitgehend – zerschlagen.

Mit großer Traurigkeit stellen wir fest, dass es im Rahmen der Synodaltagung vom 17. bis 20. September 2025 nicht gelungen ist, einen gemeinsamen Weg für die Zukunft der SELK mit zwei Ordinationspraktiken zu beschreiten. Zudem stellen wir fest, dass weder die Voten aus den Gemeinden, die sich mit großer Mehrheit für die Frauenordination ausgesprochen haben, noch der Antrag der Pastoren Dress und Müller mit 1047 Unterschriften noch die Petition mit über 1500 Unterschriften ein Umdenken bewirken oder gar eine Veränderung der Ordinationspraxis anstoßen konnten.

Eine Einführung der Frauenordination in der bestehenden SELK wird es voraussichtlich nicht geben, da der Synodalbeschluss zur Einrichtung der beiden Kommissionen „Einheit“ und „Trennung“ nur die Wahl zwischen „Status Quo“ und „Trennung“ lässt. Das bedauern wir sehr. Die Diskussionen und Ergebnisse der Kirchensynode zeigen aber auch, dass wenig echter Wille des Zugehens auf die Befürwortenden der Ordination von Frauen da ist. Wir wissen, dass Gemeindeglieder und Pfarrer, die gegen eine Ordination von Frauen sind, sagen, dass sie nicht anders können und sich auf das eigene Gewissen berufen. Darum müssen wir anerkennen: Wo in dieser Weise argumentiert wird, sind die Gegensätze unüberbrückbar und muss eine Scheidung in den Blick genommen werden.

Das bedeutet, dass die SELK in ihrer jetzigen Form nach menschlichem Ermessen keine Zukunft hat. Wir trauern um sie, beten aber weiterhin darum, dass der Heilige Geist der ganzen Kirche Weisheit und Klarheit – und wider Erwarten – Einheit schenkt.

In Bezug auf die Einheitskommission denken wir, dass ihre Arbeit ohne die Klärung der Bekenntnisrelevanz der Frauenordination nicht zielführend ist. Wir können diese Frage nicht einfach unentschieden lassen und trotzdem als Kirche so handeln, als wäre sie bekenntnisrelevant. Eine Einheit ohne eine grundlegende Veränderung in der Frage der Ordination von Frauen wäre nur oberflächlich und für uns nicht tragfähig. Möge der Heilige Geist ein Wunder bewirken.

Angesichts der Beschlüsse von APK und Kirchensynode sehen wir, dass die Gemeinden der SELK sich JETZT ihrer Situation bewusst werden müssen, um gemeinsam ihre Zukunft zu planen und verantwortlich zu gestalten. Der Zeitraum umfasst weniger als zwei Jahre und wird auf die Kirchensynode 2027 zulaufen, auf der die Ergebnisse der Einheits- und der Trennungskommission vorgestellt werden sollen. Unabhängig von der Arbeit der Kommissionen müssen die Gemeinden bereits jetzt beginnen, Handlungsoptionen zu entwickeln, um angemessen auf Beschlüsse der 16. Kirchensynode 2027 reagieren zu können. Das gilt auch für einzelne Pastoren oder Gemeindeglieder, die es in ihren aktuellen Gemeinden schwer haben – egal von welcher Seite aus.

Wir wollen als Christen und Christinnen, die die Frauenordination für eine Kirche mit Zukunft für nötig erachten, nach Wegen suchen für eine Neue SELK. Wir wünschen uns eine offene evangelisch-lutherische Kirche, die für alle Menschen da ist, so wie Jesus Christus allen Menschen begegnet. Wir organisieren uns dafür in überregionalen Arbeitsgruppen, die an unterschiedlichen Themen arbeiten werden (z.B. Strukturen, Seelsorge, Medien, Finanzen). Wir rufen auf und laden herzlich ein, daran mitzuarbeiten. Wir sind erreichbar unter: aufbruch@mitten-aus-der-selk.de . Wir bitten auch darum, sich als Kontaktperson für die eigene Gemeinde zu melden, um direkte Informationen über unsere Arbeit zu erhalten und weitergeben zu können.

Die notwendige Voraussetzung für eine Neue SELK ist es, dass die Trennungskommission echte Ergebnisse produziert, d.h. real beschreitbare und für alle faire Wege formuliert – als Kirchenbund, als Trennung in zwei Kirchen oder auch nur in Form des Austritts von Gemeinden. Deshalb werden wir die Arbeit der Trennungskommission aktiv begleiten und fordern sie dazu auf, mit regelmäßigen Zwischenberichten über den Stand der Arbeit zu informieren. Zudem bitten wir die Gemeinden, ihre Fragen und Anregungen bei der Kommission einzureichen, entsprechend des Synodalbeschlusses, dass die Synodalkommission als Ansprechpartnerin für Kirchenleitung und Gemeinden fungieren soll.

In dieser für uns alle herausfordernden Situation vertrauen wir auf die Frohe Botschaft und die Fürsorge unseres Herrn Jesus Christus. Er wird uns darin stärken, wenn wir an SEINER Kirche bauen und das Evangelium freudvoll verkündigen:

«In dem Herren freuet euch,
freut euch allewege.
Der am Kreuz den Sieg errang,
der ins Reich der Himmel drang,
ist nah auf eurem Stege.»

(Kurt Müller-Osten, 1941)

Unterzeichnende:
Hermann Borchers, Christine Buyken, Hans-Hermann Buyken, Pfarrer i.R. Johannes Dress, Christian Fauteck, Tobias Hänsel, Thomas Hartung, Dr. Elke Hildebrandt, Thomas Krüger, Friedrich Kugler, Vera Löber, Bettina Löffler, Rosemarie Lösel, Gudrun Michler, Pfarrer i.R. Hinrich Müller, Marion Rehr, Noah Rothfuchs, Hartmut Schmedt, Inga Schmedt, Solveig Schnaudt, Ingeborg Schubbe, Ute Seils, Michael Sommer, Britta Wahlers, Ute Weingarten

02. Oktober 2025

4 Gedanken zu „Ungewollte Trennung“

  1. Hallo, ich bin traurig. Es geht leider mit der Anzahl der Gottesdienstbesucher nicht aufwärts. Die Zahl der Stellen wird abgebaut, jedenfalls in unserem Kirchenbezirk. Als wenn unser Gott den Segen weggenommen hat..
    Jesus beurteilt Gemeinden und vermutlich auch Kirchen auch im hier und heute, Nach zu lesen in der Offenbarung Kapitel 2 und 3. So macht es Jesus auch noch heute.
    Ob bei dem Urteil von Jesus die Anzahl von Unterschriften wichtig ist, bezweifle ich. Jesus kann auch unseren Leuchter von seinen Platz stoßen.
    In der ökumenischen Bibellese ist aktuell Hesekiel daran. Im Neukirchner Kalender gibt es dazu immer eine kleine Geschichte. Am 20.10. wurde berichtet, wie das Pfarrerblatt Hitler huldigte. Dietrich Bonhoeffer urteilte: „die Kirche segelt nach dem Wind“.
    Im Mittelpunkt muss doch stehen: wie können wir Gottes Reich bauen, damit die Anzahl der Gottesdienstbesucher wächst und am Ende der Zeit möglichst viele in Gottes Ewigkeit kommen. Also gabenorientiert denken.
    Das Streben nach hohen Ämtern gab es schon bei den Jüngern:
    Math. 20,20-28
    Lukas 22,24-30
    Lukas 22,24 Es erhob sich auch ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte gelten sollte. 25 Er aber sprach zu ihnen: Die Könige herrschen über ihre Völker, und ihre Machthaber lassen sich Wohltäter nennen. 26 Ihr aber nicht so! Sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste und der Vornehmste wie ein Diener. 27 Denn wer ist größer: der zu Tisch sitzt oder der dient? Ist’s nicht der, der zu Tisch sitzt? Ich aber bin unter euch wie ein Diener.
    Diese beiden Bibelstellen sollten uns allen eine Mahnung sein.
    Reinhard Borrmann

    1. Lieber Reinhard,
      habe Dank für deine Betrachtungen! Auch ich lese z.Zt. Hesekiel, u.a. mit den Erläuterungen der „Lutherbibel erklärt“. Hochaktuell, wie auch davor die Lesungen im Lukas-Evangelium.
      Ja, Mission ist wichtig. Allerdings sollten wir diese nicht in allererster Linie zu dem Zweck betreiben, damit unsere Gemeinden wachsen – ich bin mir sicher, dass du das auch im Kern anders gemeint hast. Es geht ja zuallererst darum, die Frohe Botschaft weiterzusagen, den einzigen Weg zum Seligwerden klar zu benennen und auf diese Weise dem Missionsbefehl Christi zu erfüllen – weil wir nicht anders können. Mein Traum wäre es z.B., für wenig Miete einen leeren Ladenraum in einem Einkaufszentrum zur Verfügung gestellt zu bekommen und dann mitten zur besten Geschäftszeit täglich mehrere kleine Andachten zu feiern, zwischendurch mit Gelegenheit zur Gespräch. Gottesdienst inmitten des brausenden Alltagsleben, im geschützten Raum und doch transparent und gut erreichbar. Oder eine Strandevangelisation für Groß und Klein im Sommer.
      Aber zurück zum rückläufigen Wachstum in vielen Gemeinden unserer Kirche. Da macht ein Blick auf andere Länder Mut: In Frankreich wenden sich momentan wieder Tausende junger (!) Menschen der Kirche zu, auch in England. Das lässt für Deutschland hoffen. In Zeiten zunehmender Unordnung und Unsicherheit fragen die Menschen nach Wahrheit und verlässlichem Halt.
      Die Grundfrage ist nun diese: Wie soll unsere Kirche im 21. Jh. agieren? Indem sie theologisch das Weite sucht in der Hoffnung, sich so breiter und attraktiver für eine Vielfalt von Menschen aufzustellen? Oder indem sie Gottes Wort auch im Kleinsten treu bleibt in dem Bewusstsein, dass darauf Gottes Segen ruht?
      Ja, es gab und gibt immer Zeiten, in denen Kirche in schwere Wasser gerät, wo das arme Häuflein der Gläubigen kleiner wird. Ist das aber nicht auch eine Prüfungszeit unseres Gottes, durch die wir ohne Schiffbruch nur hindurch kommen, wenn wir uns gemeinsam eng an sein Wort halten?
      Herzliche Grüße, Angelika

    2. „Im Mittelpunkt muss doch stehen: wie können wir Gottes Reich bauen, damit die Anzahl der Gottesdienstbesucher wächst und am Ende der Zeit möglichst viele in Gottes Ewigkeit kommen. Also gabenorientiert denken.“

      Das heißt doch aber, dass wir in der SELK unabhängig von äußeren Merkmalen – wie etwa Herkunft, Geschlecht oder anderen Merkmalen – die Träger der Gaben in „Gottes reiche Ernte“ senden sollen.

      „Das Streben nach hohen Ämtern gab es schon bei den Jüngern:
      Math. 20,20-28“

      Wäre demzufolge nicht mehr Demut geboten in unserer Kirche und in unseren Gemeinden? Demut, die Gott nicht versucht klein zu machen und in unseren kleinen Verstand zu pressen, sondern offen ist für die Wege, die Gott uns und unsere Kirche führen will?

      Wie oft wird in der Bibel davon berichtet, dass Menschen meinten, Gottes Willen zu kennen und ihm zu gehorchen – und trotz (oder gerade wegen?) ihres von der eigenen Frömmigkeit überzeugten Eifers Gottes Weg und Willen im Weg standen?

      Wie oft mussten gerade die Mütter und Väter unseres Glaubens erst durch Gottes korrigierendes Eingreifen zu Demut und echtem Gehorsam gebracht werden, dass sie nicht mehr ihrem vermeintlichen „Wissen“ und damit menschlicher Weisheit (und Überheblichkeit) folgten – sondern Gottes Willen und Weg vertrauten?

      Petrus, Paulus, Johannes genauso wie Maria, Martha und die Frau am Brunnen mussten – teils schmerzhaft – lernen und erkennen, dass sie ihre vermeintliche Erkenntnis in die Irre geführt hat.

      Gottes Geist und Gottes Gaben anzunehmen und anzuerkennen heißt, auch dort, wo wir es nicht erwarten, Gottes Wirken anzuerkennen und anzunehmen.

      In unseren Bekenntnisschriften, in der Apologie der Augsburgischen Konfession, Artikel VII. Von der Kirche finden wir starke Aussagen zum Wirken Gottes in seiner Kirche durch das Amt – unabhängig von der Person des Amtsträgers:

      „Wir bekennen und sagen auch, daß die Heuchler und Bösen auch mögen Glieder der Kirche sein in äußerlicher Gemeinschaft des Namens und der Ämter, und daß man von Bösen möge die Sakramente recht empfangen, sonderlich wenn sie nicht gebannt sind.
      Und die Sakramente sind darum nicht ohne Kraft oder Wirkung, daß sie durch Gottlose gereicht werden. Denn auch Paulus zuvor hat prophezeit, daß Antichristus soll sitzen im Tempel Gottes, herrschen und regieren in der Kirche, Regiment und Amt darin haben.
      Aber die christliche Kirche steht nicht allein in Gesellschaft äußerlicher Zeichen, sondern steht vornehmlich in Gemeinschaft inwendig der ewigen Güter im Herzen, als des Heiligen Geistes, das Glaubens, der Furcht und Liebe Gottes. Und dieselbe Kirche hat doch auch äußerliche Zeichen, dabei man sie kennt, nämlich, wo Gottes Wort rein geht, wo die Sakramente demselben gemäß gereicht werden, da ist gewiß die Kirche, da sind Christen, und dieselbe Kirche wird allein genannt in der Schrift Christus Leib. Denn Christus ist ihr Haupt und heiligt und stärkt sie durch seinen Geist, wie Paulus zu den Ephesern am 1. sagt: „und hat ihn gesetzt zum Haupt der Gemeinde, welche ist sein Leib und die Fülle des, der alles in allem erfüllt.“ Darum in welchen Christus durch seinen Geist nichts wirkt, die sind nicht Gliedmaßen Christi. Und das bekennen auch die Widersacher, daß die Bösen allein tote Gliedmaßen der Kirche sind. Darum kann ich mich nicht genugsam verwundern, warum sie doch unsern Beschluß von der Kirche anfechten, so wir von lebendigen Gliedmaßen der Kirche reden. Und wir haben nichts Neues gesagt. Denn Paulus zu den Ephesern am 5. Kapitel sagt gleich auch also, was die Kirche sei, und setzt auch die äußerlichen Zeichen, nämlich das Evangelium, die Sakramente; denn also sagt er: „Christus hat geliebet die Gemeinde und sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte, und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auch daß er sie ihm selbst zurichtete eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe Flecken oder Runzel (oder des etwas), sondern daß sie heilig sei, unsträflich“ usw.
      Diesen Spruch des Apostels haben wir gar nahe von Wort zu Wort gesetzt in unser Bekenntnis und also bekennen wir auch in unserm heiligen Symbolo und Glauben: „Ich glaube eine heilige christliche Kirche.“ Da sagen wir, daß die Kirche heilig sei; die Gottlosen aber und Bösen können nicht die heilige Kirche sein. In unserm Glauben folgt bald hernach: „Gemeinschaft der Heiligen“, welches noch klarer, deutlicher auslegt, was die Kirche heißt, nämlich der Haufe und die Versammlung, welche ein Evangelium bekennen, gleich eine Erkenntnis Christi haben, einen Geist haben, welcher ihre Herzen erneuert, heiligt und regiert. Und der Artikel von der katholischen oder gemeinen Kirche, welche von aller Nation unter der Sonne zusammen sich schickt, ist gar tröstlich und hochnötig.“

      Das lutherische Amtsverständnis sagt auch aus, dass nicht das „ontologische“ Sein Voraussetzung für Gottes Wirken durch das Amt wäre, sondern allein der an das Amt gebundene soteriologische (auf das Heil bezogene) Auftrag Gottes das Heil bewirke;

      So sehe ich, dass das Amt Heil bewirkt bei den Menschen. Ich sehe, dass der lutherische pastorale Dienst meiner Cousine gesegnet ist und Menschen im Glauben stützt, stärkt und zum Glauben ermutigt – ich sehe in Ehrfurcht und Staunen, dass Gottes Wirken in ihr und durch sie wirk-mächtig ist, gebunden an das ihr durch die Ordination übertragene Amt.

      Wer sind wir, dass wir uns Gottes Wirken und Gaben verschließen – dass wir Gott nicht zuzugestehen wollen, dass er in göttlicher Freiheit Menschen ins pastorale Amt beruft, unabhängig von Herkunft, Geschlecht und anderen Merkmalen?

      Wäre es nicht menschliche Überheblichkeit und Hybris, würden wir Gottes Geist vorschreiben wollen, wo er wirken darf und wo nicht – und die Ordination zum Amt von äußeren, ontologischen Merkmalen abhängig machen?

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