Fortsetzung meines Beitrages in der SELK und meines Artikels „Sehe ich meine Zukunft in der SELK?“
Diese Frage beschäftigt mich weiterhin.
Und ja, ich sehe meine Zukunft in der SELK, wenn ich die lachenden Kindergesichter bei unserer Kinderfreizeit „Kinderwoche Brunsbrock“ sehe. Ich freue mich in der Gemeinde zu sein, wenn ich höre, wie ein Chor von knapp 30 Kindern mit Pastor Helge Dittmer und den Teamern Mut machende Lobpreislieder singt. Ich freue mich auch auf unsere „normalen“ Gottesdienste und die Menschen in unserer Gemeinde und den Nachbargemeinden.
Hier in meiner Gemeinde bringe ich mich ein, mit Kirchenreinigung, Blumendienst, Küchendienst, Kuchenbacken, Essen zubereiten, Renovierungsarbeiten in Gemeindehaus und Kirche und Unterstützung bei der alljährlichen Kinderwoche und anderen Veranstaltungen. Und seit einiger Zeit setze ich mich auch wieder übergemeindlich ein, weil ich der zunehmenden fundamentalistischen und Menschen verletzenden Haltung einzelner Kirchenglieder, Pastoren und leider auch aus Teilen der Kirchenleitung etwas entgegnen möchte.
Ich möchte nicht schweigend zusehen, wenn Gemeindeglieder meiner SELK den Rücken kehren, wie es in der Vergangenheit immer wieder geschehen ist. Ich möchte nicht selbst diesen Schritt tun, daher schreibe ich hier das für mich Unfassbare auf. Ich möchte, dass mehr Menschen hinsehen.
Seht hin, wenn Gemeindegliedern und Pastoren der wahre Glaube abgesprochen wird, weil sie öffentlich liberale Positionen vertreten. Genau dieses ist gerade wieder geschehen. Gemeindeglieder, die um Bestätigung ihrer Unterschriften unter einem Antrag an die 15. Kirchensynode zu ihrem Pastor gegangen sind, wurden von diesem abgewiesen. Schlimmer noch, wurden von ihm vorgeladen, um sich anhören zu müssen, sie verhalten sich wider Gottes Ordnung. Und sie wurden aufgefordert weitere Menschen zu benennen, denen sie diesen Antrag übergeben hatten. In welchen Zeiten leben wir?
Gleiches geschieht auch immer wieder auf höchster Kirchenebene. Aktuell müssen sich die 31 Pastoren, die nach dem 15. Allgemeinen Pfarrkonvent (APK) eine gemeinsame Erklärung verfasst haben, nicht nur mit Kritik auseinandersetzen und sich anhören, nicht den rechten Glauben zu vertreten. Es ist nachzulesen, dass ein Pfarrer es bedauert, mit ihnen den Abendmahlstisch geteilt zu haben (s. Kommentar vom 7. Juli 2025 um 16:56 Uhr zum Artikel „Kirche in Freiheit, Vielfalt, Weite“). Und sie wurden zu einem Gespräch mit dem Bischof eingeladen, dieses findet am 17.07.2025 statt.
Diese Art des Umgangs, die von manchen Menschen als Einschüchterung empfunden wird, sollte ein Ende finden, sonst verlieren wir immer mehr Christinnen und Christen. Und was können wir tun? Hinsehen, darüber sprechen, uns nicht schämen, unsere Kirche mit unseren christlichen Werten füllen und darüber berichten.
In den vergangenen zwei Wochen waren wir damit beschäftigt, Unterschriften für verschiedene Anträge zu sammeln und weitere Reaktionen auf die Beschlüsse des 15. APK vorzubereiten. Es wurde einiges erreicht, beispielsweise sind fristgerecht über 1.000 beglaubigte Unterschriften für den Antrag von Pastoren i. R. Johannes Dress und Hinrich Müller gesammelt worden.
Und jetzt lesen wir die Meldung in SELK-news über die neuesten Abstimmungsergebnisse der Kirchenleitung. Ich bin sprachlos und war mutlos. Nicht so Michael Sommer. In einer Videobotschaft versorgt er uns mit Fakten, darunter auch Mut machenden Fakten (s. www.youtube.com/watch?v=YlOYn0D8DZI). Und er schließt mit den Worten „Wir sind die SELK – ohne Gemeinden keine Kirche“. Machen wir gemeinsam etwas aus dieser Erkenntnis.
Und noch etwas. Die SELK ist nach der Ordnung eine Kirche, in der die Synode (eine Versammlung aus gewählten Laien, Pastoren und der Kirchenleitung) die Beschlüsse fasst. Faktisch ist es so, dass der APK Beschlüsse fast, die wie Anträge der Kirchenleitung bei den Beschlüssen der Synode großes Gewicht haben. Unsere gewählten Synodalvertreter bestimmen die Richtung, in die sich unsere Kirche in den kommenden Jahren entwickelt. Halten wir Kontakt zu ihnen und machen unsere Vertreter auf gute und weniger gute Entwicklungen aufmerksam. Die nächste Tagung der 15. Kirchensynode findet vom 17. bis 20. September 2025 in Fulda statt.
Solveig Schnaudt
(ms)
17.07.2025
Verketzerung und Infragestellung des Glaubens sind das eine, sicherlich eher im konservativen Lager beheimatete, Extrem. Auf der anderen Seite entsprechen dem aber leider der Fundamentalismus-Vorwurf und die Pathologisierung des Dialogpartners (Angst vor Freiheit und Vielfalt) ziemlich haargenau. Eine allgemeine sprachliche Abrüstung täte allen gut. Die 31 aktiven Pfarrer haben da mit der Entfernung der (versehentlichen) Lehrverurteilung aus ihrer Erklärung einen Schritt in die richtige Richtung getan.
Auch sollte keine Seite den Eindruck erwecken, als habe sie die gesamte Basis hinter sich. Herr Sommer sagt in dem verlinkten Video zunächst sehr korrekt: „Die deutliche Mehrheit der Gemeinden der SELK, die sich zu Wort gemeldet haben, spricht sich für die Frauenordination aus.“ Einige mitgliedsstarke Gemeinden aus dem konservativen Spektrum haben sich dabei aber des Votums enthalten.
Viele Grüße
Tim-Christian Hebold
Wir haben einen Kommentar von Tobias Röhrs zu diesem Artikel nicht veröffentlicht, weil er nicht unseren Grundsätzen entspricht, s. https://mitten-aus-der-selk.de/ueber-uns:
„Wir freuen uns über Kommentare zu unseren Beiträgen. Wir wünschen uns ausdrücklich Dialog und begrüßen sachliche Kritik und die Darstellung abweichender Meinungen zu unseren Beiträgen. Wir erwarten, dass Kommunikation grundsätzlich respektvoll, wertschätzend und gewaltfrei gestaltet wird.“
Für die Redaktion
Michael Sommer
Ein früherer APK klassifizierte die Frauenordination als Lehrfrage. Daher müsste zunächst der APK für die Frauenordination stimmen, damit diese eingeführt werden kann. Danach wäre noch eine 2/3-Mehrheit der Synode notwendig, um Artikel 7.2 der Grundordnung ändern zu können. M.E. war der zurückliegende APK die letzte Chance dazu, da die nachwachsende Theologengeneration überwiegend sehr konservativ denkt und sich die Mehrheit somit immer zu Ungunsten der FO-Befürworter verschieben werden.
Vielen Dank, liebe Solveig, Du sprichst mir mit deinen Gedanken aus dem Herzen. Ich möchte mich aus der Kirche nicht verdrängen lassen und wir sollten uns dieser autoritären Methode des Angst machens nicht beugen, ich bin gespannt, was auf der Synode geschieht. Liebe Grüße, Heike
Sehr geehrte Frau Schnaudt,
Ihrer obigen Fortsetzung und den darin geschriebenen Gedanken möchte ich doch gerne noch einmal antworten.
Ihre Sätze über das Erleben in der Gemeinde und Ihren Einsatz für selbige kann ich gut verstehen und teilen.
Aber ab dem Schlagwort „fundamentalistisch“ merke ich, wir beide schauen auf dieselbe Kirche, sehen aber ganz was Anderes.
Vor vielen Jahren bin ich in die SELK eingetreten, nicht trotz, sondern wegen ihrer Grundordnung. Ich sah und sehe auch heute darin ein stabiles Fundament Gottes, dass die Kirche auch bei schweren Stürmen bewahrt.
Und ich vermute auch unter Freiheit, Vielfalt und Weite sehen wir unterschiedliches. Gelten diese Worte nur für die liberalen Positionen oder auch für konservative? Und wer bestimmt darüber, wie es zu verstehen ist. Bitte den nächsten Satz mit Augenzwinkern verstehen: in diesem Account ist ja der Administrator der moralische Wächter über lieblos Unsagbares und liebevoll Sagbares. Aber wer soll in der Kirche darüber wachen?
Etwas befremdlich habe ich die m.M. hart vorgetragene Passage über den vorladenden Pastor empfunden, der mit Gemeindegliedern über Gottes Ordnungen spricht. Es hatte auch aus meiner Sicht etwas gerüchtemäßiges….. Aber verpflichten sich nicht unsere Pfarrer per Unterschrift genau dazu in der Berufungsurkunde, den Gemeinden den Weg des Glaubens aufzuzeigen, nach ihrem Gewissen und vor Gott.
Ebenso wenig kann ich etwas Einschüchterndes sehen, wenn ein Bischof Pastoren zu Gesprächen über Glaubensinhalte einlädt.
Mich hat im Vorfeld eher verwundert, daß 31 Pastoren kurz nach dem APK etwas gleich öffentlich quasi widerrufen haben, was lt. Selk Homepage nach „respektvollem Austausch“ und „geschwisterlich theologischen Dialog“ mit 75- 80% nahezu geeint schien. Das dies Vorgehen, ohne erstmal den Dialog im Kollegenkreis zu suchen, auch auf Kritik stoßen kann, ist doch ein Zeichen für die Freiheit der Meinungen. Ich habe bei weltlichen AG schon erlebt, dass ähnliches Vorpreschen in die Öffentlichkeit mit Abmahnungen belegt wurde.
Und nicht nur Hr. Sommer versucht uns mit Fakten zu versorgen, sondern auch auf der Selk Homepage kann man den ausführlichen Bericht der Synkosze einsehen. Allerdings erscheint es mir dort nicht so klare Mehrheiten zu geben. Es wollten wohl gar nicht alle Gemeinden abstimmen und es scheint so vielfältig gewesen zu sein, wer was wie geäußert hat, das ich klare Mehrheiten, bezogen auf alle Selkgemeinden nicht gefunden habe.
Auch den Satz unter dem Video „Wir sind die Selk- ohne Gemeinden keine Kirche“ sehe ich eher plakativ als einen Fakt. Hingegen denke ich, Gott an Bord des Gemeindeschiffes zu haben, kann auch wertvoll sein, wenn es um Kirche geht.
Und ich kann auch nicht sehen, dass es segensvoll sein soll, wenn die Synode entgegen der klaren Mehrheit des APK entscheidet.
So ist es zur Zeit scheinbar in der Selk, die einen sehen dies, die anderen das.
Lassen sich unsere Sichtweisen ändern?
Ich wünsche mir, dass wir alle auf Christus am Kreuz schauen und ein Leib mit vielen Gliedern bleiben. Was wohl nicht hilft, ist, wenn wir uns verletzen, nicht hören wollen, was der andre denkt, Lieblosigkeit, Druck usw.
Vielleicht bin ich naiv, aber ich denke mit und füreinander beten, in den Gemeinden sich mehr über Bibeltexte austauschen, (Briefe von Paulus, Petrus uvm. hätte wir nicht, wenn damals alle einer Meinung gewesen wären), auch theologisch um strittige Themen ringen, könnte ein guter Weg sein. Und darauf hoffen, dass Gott es schenkt, dass wir vlt. nicht dasselbe, aber doch ähnliches sehen und vor allem mit Joh.10, 27-28 das richtige hören.
LG Sonja Volkmar
Vielen Dank für den Kommentar und auch für das Schreiben der 32 Pfarrer, denen ich mich in vielen Punkten anschließen kann.
Ich kann zahlreiche der genannten Gedanken gut nachvollziehen und empfinde sie als ehrlichen Ausdruck eines wachsenden Spannungsverhältnisses innerhalb unserer Kirche.
Allerdings muss ich feststellen, dass sich in der SELK strukturell nur schwer etwas verändern lässt. Das liegt vor allem an den geltenden Ordnungen: Sowohl die Kirchensynode als auch der Pfarrkonvent müssen mehrheitlich gleichlautende Beschlüsse fassen, damit Änderungen überhaupt möglich sind. Genau hier liegt – meines Erachtens – das zentrale Problem: Wir erleben innerhalb der SELK faktisch zwei verschiedene Kirchen – auf der einen Seite die Gemeinden mit ihren vielfältigen Realitäten und Bedürfnissen, auf der anderen Seite einen Pfarrkonvent, der sich in weiten Teilen zunehmend durch ideologische Abschottung, theologische Enge und eine Form von geistlichem Machtdenken auszeichnet.
Diese strukturelle Blockade führt nicht nur zu einem Zustand des Stillstands, sondern – in manchen Bereichen – sogar zum Rückschritt. Denn es ist zu befürchten, dass der Pfarrkonvent in seiner aktuellen Zusammensetzung vielen weiterführenden synodalen Impulsen keine Zustimmung geben wird. Dabei spielen nicht nur theologische Überzeugungen eine Rolle, sondern auch Ängste und Machtfragen – besonders unter den eher konservativen Vertretern.
Was es meiner Überzeugung nach dringend braucht, ist eine neue Art von Reformation: eine geistliche und strukturelle Erneuerung, die bereit ist, tradierte Dogmen kritisch zu hinterfragen, festgefahrene Machtverhältnisse zu reflektieren und das Evangelium wieder grundsätzlich von der Liebe her zu denken – nicht von einer als objektiv gesetzten „Wahrheit“, die häufig zur Grenzziehung und Machtsicherung missbraucht wird.
Denn dort, wo Wahrheit über Liebe gestellt wird, verkehrt sich das Wesen des Evangeliums. Wahrheit ohne Liebe wird zum Gesetz. Und dieses Gesetz dient leider allzu oft der Kontrolle statt der Freiheit, der Uniformität statt der Vielfalt, der Hierarchie statt der Gleichwürdigkeit.
Ich wünsche mir eine Kirche, in der nicht Konformität das höchste Ziel ist, sondern Vertrauen, Freiheit und gelebte Gemeinschaft – getragen von der befreienden Botschaft Jesu, der nie Institutionen, sondern immer Menschen in den Mittelpunkt gestellt.
Ich kann die Kritik am Vorgehen des betreffenden Pastors verstehen, weil es natürlich unangenehm ist, gleichzeitig halte ich es aber für die korrekte Vorgehensweise Gemeindeglieder auf Fehlverhalten hinzuweisen, ohne das gleich in die Öffentlichkeit zu zerren, und auch deutlich zu machen, dass man sich an Aktionen, die gegen die Heilige Schrift gehen als Christ nicht beteiligen kann. Genau das ist mein Eindruck von dem, was Sie hier schildern. Da nimmt ein Pastor seine Aufgabe ernst, seine Gemeinde zu unterrichten und geistlich zu leiten, auch wenn das natürlich gegen Ihre Überzeugungen geht, was er für eine Position vertritt.
Man kann sich über so viele Sachen in der Kirche und Gemeinde zanken. z.B. über die Einführung unseres neuen SELK-Gesangbuches. In der Ökumene wird mir klar, welche großen Unterschiede es zwischen den Kirchen gibt: Kindertaufe, Team oder hierarchisch (kath. Amtsverständnis), Abendmahlverständnis. Ich finde, die Zerteilung in immer kleinere Kirchen ist sehr traurig und die Ökumene ist doch der Versuch, Verständnis für die anderen Christen und Kirchen zu wecken.
Wir haben gerade das Bonhoefferhaus besucht und uns mit seiner Geschichte beschäftigt. Vor ca. 80 Jahren: Die deutschen Christen und die „Bekennende Kirche“, zu der Dietrich Bonhoeffer gehörte. Wie war die Methode der „Deutschen Christen“? War es nicht Macht übernehmen durch Anträge auf Synoden? Was hat die „Bekennende Kirche“ zu ihrem Bekenntnis gebracht. Wie haben sie das Falsche erkannt?
Es ist ja nicht einfach, den richtigen Weg zu finden. Aber Beten und Gott nach dem Weg fragen ist ein Weg des Segens. Unser Gott ist der Schöpfer und hat wie jeder Schöpfer eine Bedienungsanleitung geschrieben, damit es seiner Schöpfung gut geht. So wie es jeder Softwareentwickler auch macht.
Seine Kirche ist Gott wichtig und Gottes Arm ist lang und stark genug, seine Kirche zu schützen. Wir können und sollten unseren liebenden Gott fragen und er wird uns antworten.
Unsere Tüchtigkeit und unser Erfolg im Beruf kann leicht ein Götze werden. Aber ein Arbeitsplatz in der Industrie ist nicht sicher. Auch wenn man noch so tüchtig ist. Arbeit haben ist Gnade und Arbeiten ohne gegen Gottes Gebote zu verstoßen auch. Wer im öffentlichen Dienst arbeitet kennt den Spruch nicht: „wie weit ist es für dich noch bis zum rettenden Ufer der Rente“.
Wenn ich auf andere Länder wie Syrien oder Nigeria sehe, dann kann im Gottesdienst leicht eine Bombe gezündet werden. Wir sollten Gott dafür danken, dass wir bisher davor bewahrt blieben. Verfolgung hat Jesus uns ja angekündigt, nicht Ehre durch hohe Ämter..
Bei der Frage der FO sollten wir auch die Einsetzungsregeln der Priester bedenken: 2, Mose 28,1 oder 4 Mose 3,10. Aus meiner Sicht ist Abendmahl priesterlicher Dienst. Paulus kannte diese Bibelstellen sicherlich. Die Heiden hatten Priesterinnen.
Wäre es nicht schön: Frauen üben die Dienste aus, die jetzt schon möglich sind und unser Gott gibt Segen und Gelingen und alle können den Segen Gottes sehen.
Liebe Grüße: Reinhard Borrmann
Sehr geehrter Herr Borrmann,
wenn Sie Anträge an die Synode zur Klärung von Lehrfragen und zu einem Weg der Mitte für lebbare, gemeinsame Strukturen (und als Konsequenz, wenn das tatsächlich nicht gewollt ist, zu einer geordneten Trennung) mit dem Vorgehen der Deutschen Christen vergleichen, muss ich Ihnen vehement widersprechen und Sie dringend auffordern, sich mit den historischen Tatsachen auseinander zu setzen! Das geht so gar nicht!
Die Grundsätze in den 28 Thesen der Deutschen Christen, verfasst von OKR Grundmann, sind geprägt von zwei zentralen Fehlentwicklungen der Lehre der Kirche, einer theologischen und einer weltlich-politischen:
1. Theologisch haben die Deutschen Christen sich auf eine angebliche, gottgegebene Schöpfungsordnung für Volk und Rasse berufen und damit die Brücke zur radikalen und menschenverachtenden NS- Ideologie geschlagen. Als Antwort auf die Barmer Erklärung der Bekennenden Kirche haben ausgerechnet die Lutherischen Theologen Werner Elert und Paul Althaus mit dem Ansbacher Ratschlag (in Anlehnung an die Benennung eine reformatorischen Bekenntnisses vor der CA von Rurer aus dem Jahr 1524) diese theologische Auslegung ausformuliert und mit der göttlichen Ordnung theologisch begründet (nachzulesen auch in SELK Info 421 von Juni 2016).
2. Politisch haben die Deutschen Christen zudem die Trennung von Staat und Kirche aufgehoben. Das ist eine beliebte Methode von totalitären Herrschern um ihre absolute Macht religiös zu legitimieren und ist für Glaubensistitutionen auch interessant, weil sie so als einzige rechtmäßige Staatsreligion unmittelbare exekutive Macht erhalten. Solche Entwicklungen kann man beobachten im Iran, in der Türkei, in Russland und in Ansätzen inzwischen auch in den USA.
Ich will das hier jetzt nicht weiter vertiefen und kann nur noch einmal eindrücklich darum bitten, geschichtliche Hintergründe sorgfältig zu recherchieren und nicht zu verdrehen, um andere Mitchristen in eine falsche Ecke zu stellen.
Wir sollten stattdessen darauf achten, dass wir als Kirche nie wieder den o.g. Fehlentwicklungen der NS-Zeit erliegen sondern uns wie die Bekennende Kirche klar von solchen theologischen und politischen Grundhaltungen distanzieren und uns stattdessen gemeinsam für die Verkündigung der Erlösung durch Jesus Christus und der göttliche Liebe für alle Menschen positionieren. Dies ist auch der Hintergrund des von mir initiierten Gruppenantrages an die Kirchensynode zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Distanzierung von Radikalismus, Hass und Hetze. Denn es gibt diese Strömungen inzwischen wieder (Beispiel zur eigenen weiteren Recherche, aber Vorsicht, das ist nichts für zarte Gemüter: Exkommunikation von Corey Mahler aus der LCMS durch Matthew Harrison: https://reporter.lcms.org/2023/president-harrison-denounces-disturbing-ideologies/amp/).
Ich hoffe, Herr Borrmann, Ihr misslungener geschichtlicher Vergleich war nur ein Versehen!
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Krüger
Sehr geehrter Herr Krüger,
ich habe in meinem Kommentar noch viele andere Gedanken geschrieben und Sie scheinen viel mehr Fachwissen zu haben als ich. Vergleiche passen zum Teil, aber nicht zu 100%.
Wir werden einmal vor Jesus als Richter stehen. Ich fürchte mich davor. Wird Jesus mich nicht fragen, ob ich ihn gespeist habe, als er hungrig war oder gekleidet, als er nackt war? Da kann ich nicht bestehen, sondern nur auf das Kreuz und die Vergebung weisen. Ich beneide Sie um Ihre große Selbstsicherheit.
Seit vielen Jahren ist mir die Frage der FO eine große Not. Aber aus der Tiefe kann ich zu Gott rufen und dann kommt Trost. In den Gebeten hat Jesus mir klar gemacht, dass die Kindschaft zu ihm im Himmel verankert ist und fest und gewiss ist. Und auch als Mann steht der Lohn des versprochenen Silbergroschens fest und gewiss, dass mein Name im Himmel geschrieben ist. Das gilt ja für alle.
Ich finde es so schade, dass die evangelische Christenheit sich immer weiter spaltet. Das halte ich für einen Schaden. Die kath. Kirche hat ihre Einheit besser bewahrt.
Im Mittelpunkt all unserer Gebete und Überlegungen muss doch stehen, dass wir unsere Gaben einsetzen um Gottes Reich zu bauen. Wenn nun die Pastorinnen da sind, dann ist es doch wichtig, dass zusammengearbeitet wird.
Wie schön ist es doch, wenn eine ganze Familie für Gott gemeinsam arbeitet und die Großeltern, die Eltern und die Kinder gemeinsam in der Kirchenbank sitzen und Gott loben und Gottes Wort in der Predigt hören.
Meine Tante hat mich darauf aufmerksam gemacht mit Beispielen: kritisiere nicht vor den Kindern den Pastor oder die Kirche, sonst verlieren die Kinder ihren Glauben. Ich glaube, dass war ein guter Rat.
Manchmal bewirken die Kleinen mehr als all die Studierten und Doktoren. So wie es Jesus sagt in Matthäus 11,25-30. Ich habe das auch mit meiner Gebetspartnerin erlebt. Eine Frau, Volksschule und keine Berufsausbildung aber einen tollen vorbildhaften Glauben. Mir war aufgefallen, dass Gott ihre Gebete ganz schnell erhört. Das habe ich damals anderen erzählt. So wie es ja auch in dieser Bibelstelle steht.
Wir müssen doch überlegen, was unser gemeinsames Ziel und unser Auftrag von Gott ist. Wie leicht entsteht Schaden. Eine Pastorin, bei der nur noch Frauen im Gottesdienst sind, kann doch nicht Gottes Wille sein. Vielleicht hilft ja der Konfliktworkshop die Ängste der Männer zu verstehen und so eine Entwicklung zu vermeiden.
Liebe Grüße: Reinhard Borrmann
Lieber Herr Krüger,
so dunklen, revisionistischen Figuren wie Corey Mahler, der Hitler zum christlichen Fürsten verklärt und Bonhoeffer in der Hölle verortet, ist in der Tat mit einem klaren Barthschen „Nein!“ und einem herzhaften Betheler oder Barmer Anathema zu begegnen. Auch wenn aus vermeintlich ungebrochenen Schöpfungsordnungen sogenannten Volksnomoi oder Ständeordnungen abgeleitet werden, bin ich ganz bei Ihnen.
Solche politisch motivierten Entwicklungen sehe ich in der SELK aber zur Zeit nicht. Wir sollten daher vorsichtig sein, nicht auf der anderen Seite vom Pferd zu fallen. Wenn mit dem Impetus eines ‚Wehret den Anfängen‘ legitime libertäre oder konservative Positionen ausgeschlossen oder gerügt werden, verlassen wir den Boden der Zwei-Reiche-Lehre und nähern uns der NGO-Haftigkeit der Landeskirchen an. Das wäre meiner Meinung nach auch keine zukunftsträchtige Entwicklung. Die politische Gesinnung sollte beim Gang zum Abendmahl keine Rolle spielen, solange sie nicht im klaren und offenen Widerspruch zum offenbarten Willen Gottes steht.
Zustimmen möchte ich Ihnen noch darin: Wir sollten uns als FO-Befürworter und -Gegner keinesfalls gegenseitig in so etwas wie eine DC-Ecke stellen. Das gibt das Thema nun wirklich nicht her. Und es wäre obendrein eine Verharmlosung dessen, was damals vor sich gegangen ist. Ich denke, so hat es Herr Borrmann in seinem Kommentar aber auch nicht gemeint. Er wollte uns wohl vielmehr allen gemeinsam den geistlichen Weg der Bekennenden Kirche empfehlen („Beten und Gott nach dem Weg fragen“).
Viele Grüße
Tim-Christian Hebold
Lieber Herr Borrmann,
Ich habe auch Ihre anderen Gedanken und Ihre ehrliche Not wahrgenommen. Und das bewegt mich genauso wie die Not derjenigen, die unter der Ablehnung der Frauenordination leiden. Wieso sollten denn Pastorinnen nur Gottesdiente für Frauen machen? Das vestehe ich nicht! Eine Spaltung wünschen wir uns jedenfalls auch nicht. Wir sind aber auf der Suche nach einer Lösung in der Einheit, die Christus für alle Gläubigen (auch über die SELK hinaus) will. Ich feiere auch gern fröhliche Gottesdienste zusammen mit meiner Frau, meinen Eltern, meinen beiden Brüdern, meinen 8 Neffen und Nichten und deren Kindern, obwohl wir in der Frauenordination auch unterschiedliche Meinungen haben. Und unser erwachsener Sohn ist auch immer noch dabei. Wir können das nur erhalten, wenn wir uns aufeinander zu bewegen und uns allein auf das verlassen, worauf es ankommt, nämlich auf die Erlösung durch Jesus Christus durch den Glauben.
Sie haben meine Haltung als Selbstsicherheit beschrieben. Aber so ist es eben nicht, denn ich verlasse mich ja gerade nicht auf mich selbst (da käme ich vor Gott nicht weit), sondern vertraue fest auf die Zusage Gottes, dass ich durch Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus erlöst und gerettet bin. Das ist es doch, was den Glauben ausmacht, für Paulus, für Luther und auch für Sie, wie sie selbst beschreiben. Wovor sollte ich mich dann fürchten (Ps. 27)? Vor Gott sind wir ja alle Sünder und können uns nur auf seine Zusage verlassen. Das ist es, was uns trägt und immer wieder aufrichtet!
In christlicher Verbundenheit,
Thomas Krüger
Sehr geehrter Herr Krüger,
zur Kontextualisierung Ihrer Ausführungen zu den Deutschen Christen:
1) die vehement konservativen und bekenntnis-lutherischen Theologen des Neuluthertums im ausgehenden 19. Jahrhundert lehnen eine Verortung des Volks in der Schöpfungsordnung klar ab, denn die gesamte Menschheit hat nur die Stammeltern Adam und Eva (siehe z.B. Kompendium der Dogmatik, Prof. C. E. Luthardt). Die damals schon vorhandenen Versuche eine dem Zeitgeist der Rassewissenschaften angepasster Schöpfungsgeschichte zu setzen, entstammt eben nicht dem biblischen, sondern dem progressiven Lager. Die Schöpfungsordnung widerspricht also den Überzeugungen der DC.
2) Genauso verhält es sich mit der Gegenbewegung zu den DC: Elert und Althaus sind in Ihren Überzeugungen was Rasse u.ä. betrifft eben nicht biblisch, sondern vom Zeitgeist beeinflusst. Auch sie gingen aber nicht so weit wie die DC. Kein wirklich konservativer, bekenntnistreuer Lutheraner konnte:
a. das gesamte AT als „jüdisch“ verwerfen
b. Christus selbst in seinem Opfertod als nicht heroisch und dem Deutschen nicht zuträglich ablehnen
c. Paulus ebenso als jüdisch ablehnen
Wo wir heute dieselben Ergebnisse, wenn auch mit ganz anderen Grundüberzeugungen, sehen, ist im Liberalismus und nicht im konservativen Christentum (AT verwerfen, Paulus ablehnen, etc.).
3) Die DC rekrutierten sich vielmehr aus liberalen Christen, die die Kirche und ihre Lehre den Ideen der Nation und der neue Rassebewegung anpassen wollten, die immer wieder in Diskussionen den „kairos“ beschworen, den Zeitpunkt an dem Gott „ein Neues“ schaffen könne, und dass er es in Hitler und seiner Ideologie getan hätte.